Prüfungen sind für Studierende eine nervenaufreibende und wichtige Angelegenheit - das gilt nicht zuletzt für die Angehörigen des 5. Studienjahrs der Humanmedizin, welche (neben einer praktischen Prüfung) eine viereinhalbstündige schriftliche Prüfung über das gesamte Jahr ablegen. Wäre am 1. April dieses Jahres eine Studentin eines anderen Studiengangs versehentlich in den grössten Hörsaal des Hochschulzentrums vonRoll eingetreten, wäre ihr eines bestimmt aufgefallen: Obwohl knapp 200 Studierende mit dem Lösen ihrer Prüfung beschaftigt waren, fehlte das typische Blättergeraschel komplett. Denn auf den Tischen lagen keine Prüfungshefte sondern Tablets.

Um die Umstellung auf das neue Prüfungsmedium zu unterstützen, konnten die Studierenden die Prüfungssoftware vorab mit Beispielfragen ausprobieren. Zudem stand ihnen ein Anleitungsvideo zu Verfügung. Examic Measured wurde vom Institut für medizinische Lehre (IML) entwickelt und von Anfang an hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit optimiert. Das hat sich gelohnt, wie dieser Kommentar anlässlich der anonym und freiwillig durchgeführten Online-Befragung zeigt: «Ich habe das Tablet nie vor der Prüfung ausprobiert, besitze und besass selber nie ein Tablet und hatte nicht mal das Video im Internet konsultiert. Trotzdem ergaben sich keinerlei Probleme, das Programm ist höchst intuitiv.» Mit Hilfe der standardisierten Fragen der Evaluation konnte ausserdem der SUS-Score (Software Usability Scale) errechnet werden, welcher mit einem Wert von 92 von 100 möglichen Punkten sehr hoch ausfällt.

Zurück zu Papier?

Trotz der positiv bewerteten Software und der problemfreien Durchführung: wünschen sich die Studierenden ihre vielfach erprobte Arbeitsweise auf Papier zurück? Zu dieser gehört allerdings auch die Übertragung aller Multiple-Choice-Antworten auf spezielle Papierbögen, welche anschliessend mit einem optischen Scanner zur weiteren Verarbeitung der Resultate eingelesen werden. Das Feedback aus der Befragung, an welcher drei Viertel der Prüflinge teilnahmen, lässt erkennen, dass diese fehleranfällige Fleissaufgabe mit viel Stress verbunden war. Diesem Arbeitsschritt trauert also niemand nach. Besonders gelobt wurde auch die einfache Übersicht über den Lösungsfortschritt und die besseren Navigationsmöglichkeiten bei der elektronischen Prüfung. Auf der anderen Seite fühlten sich Studierende durch Lichtreflektionen auf dem Tablet-Screen gestört und wünschten sich noch technische Verbesserungen wie z.B. zoombare Bilder.

Das Fazit ist aber eindeutig: 67% bevorzugen klar oder eher das Tablet und nur 12% klar oder eher das Papier. 21% haben keine Präferenz. In den Worten eine/r Student/in: «Wer den Stoff beherrscht, sollte eine Prüfung auf jedem Medium lösen können. Wenn ich scheitere, dann ganz bestimmt nicht am Tablet!» Richtig, entscheidend ist natürlich nach wie vor der Inhalt der Prüfung. Durch neue Fragetypen und dynamische Medien ermöglichen elektronische Prüfungen auch inhaltliche Innovationen. An der Akzeptanz der Humanmedizin-Studierenden scheint diese Entwicklung an der Universität Bern zumindest nicht zu scheitern.


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