Die als «OSCE» (Objective Structured Clinical Exam) bezeichneten klinisch-praktischen Prüfungen sind im Medizinstudium seit mehreren Jahren etabliert. Die Prüflinge interagieren dabei nacheinander mit mehreren Modellen in einem Postenlauf und demonstrieren so Fertigkeiten und Kompetenzen ärztlichen Handelns («Clinical Skills»). Geschulte, klinisch tätige Prüfer*innen bewerten währenddessen die gezeigte Leistung.

Seit dem 1. August 2018 bietet die Universität Bern pro Jahrgang 100 zusätzliche Studienplätze in der Humanmedizin an. In der Folge wurde das im 3. Studienjahr im Medizinstudium bisher zweiteilig durchgeführte summative OSCE reformiert und wird neu nur noch am Ende des Frühlingssemesters durchgeführt.

Als Ergänzung wird neu eine formative, das heisst nicht bestehensrelevante OSCE-Veranstaltung am Ende des Herbstsemesters durchgeführt. Dieser im Januar 2020 erstmals durchgeführte formative OSCE gibt den Studierenden des 3. Jahres eine zusätzliche Gelegenheit, die zuvor erlernten «Clinical Skills» (CST) zu üben und das Format des OSCE kennen zu lernen.

Gemeinsam mit dem Berner Institut für Hausarztmedizin und Fachexpert*innen aus Innerer Medizin, Chirurgie, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Augenheilkunde und Psychiatrie wurden 12 auf den CST-Modulen basierende Fälle (Posten) entwickelt. Abhängig von den bereits absolvierten CST-Lerneinheiten konnten die Studierenden des 3. Jahres anlässlich des formativen OSCE 5 dieser 12 Posten durchlaufen.

Optimierter Lerneffekt

Als Prüfende wurden erstmals Studierende aus dem 5. Jahr («Peer-Experten*innen») eingesetzt, die dafür bezahlt wurden und vorgängig durch klinisch tätige Fachexpert*innen für die jeweiligen Prüfungsinhalte der jeweiligen Fächer geschult wurden. Die etwa 50 teilnehmenden Studierenden wurden durch einen Aufruf über das LMS Ilias auf der Basis «first come, first served» rekrutiert.

Die Peer-Tutor*innen  erhielten eine Schulung in korrekter Feedbacktechnik (positiv und konstruktiv) durch Expert*innen der AUM / IML.  

Da dieser formative OSCE als primäres Ziel hatte den Lerneffekt für die Studierenden zu optimierten, erhielten die 3.Jahres-Studierenden in dieser Veranstaltung nach jedem Posten jeweils direkt und spezifisch Feedback über ihre Leistungen und konstruktive Verbesserungstipps von den erfahreneren 5.Jahres-Studierenden.

Überwiegend positive Rückmeldungen

Nach dem formativen OSCE wurde eine Online-Befragung durchgeführt. Mit einer Rücklaufquote von 40% beurteilten die Absolvent*innen aus dem 3. Studienjahr das formative OSCE zu 85% als «sehr nützlich» und zu 15% als «nützlich».

Insbesondere wurden die zusätzliche Übungsmöglichkeit in einer prüfungsnahen Situation, das mündliche und schriftliche Feedback durch die Peer-Experten und die Leistung der SP als positiv hervorgehoben.

Auch die fast 50 eingesetzten Peer-Experten*innen äusserten sich grösstenteils positiv zum formativen OSCE. So fanden sie es beispielsweise hilfreich, einmal die Rolle der Prüfer*innen zu übernehmen und nicht nur als Kandidat*innen an einem OSCE teilzunehmen. Auch sind ihnen allgemeine Verhaltensweisen der Kandidat*innen (insbesondere in der Kommunikation mit den SPs und ihnen selbst als Prüfenden) aufgefallen, aus denen sie selber für Ihre zukünftigen Prüfungen gelernt hätten.

Verbesserungspotential sahen die Absolventen*innen und Peer-Experten*innen vor allem im organisatorischen Bereich: Sie wünschen sich z.B. mehr Posten im formativen OSCE und mehr Zeit zwischen den schriftlichen Prüfungen und dem «Probe-OSCE».

Das Erfolgsmodell wird fortgesetzt

Das im Januar 2020 pilotierte formative OSCE wird als reguläre Lehrveranstaltung eingeführt. Auch in der Zukunft werden Rückmeldungen zu guten- und verbesserungswürdigen Aspekten erhoben, um das Format weiterhin zu verbessern.